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HOUSEPOOL  Magazine
Ausgabe 22 (Dezember/Januar 1998/1999)

Interview: Anthony Rother


Von Sascha Decristan/Carsten Wiehle

 
HousePool:

Wer bist Du ? Was bist Du ? Warum bist Du ? Stell Dich doch bitte mal kurz vor.

Anthony Rother:

Ich bin Anthony Rother, komme aus Bad Nauheim und würde mich als Artist, Performer und Produzent bezeichnen.

 
HousePool:

Wie lange machst Du schon Musik ?

Anthony Rother:

Ich würde sagen, seit 12 Jahren ungefähr.

 
 
HousePool:

Wie kamst Du zur Musik ?

Anthony Rother:

Musik war schon immer ein Faible von mir, also ich kann jetzt nicht genau sagen wann ich angefangen habe zu sagen "Jetzt will ich Musik machen", das war mehr oder weniger so eine Entwicklung aus Musik hören, Fan sein von verschiedenen Sachen und nicht zuletzt Inspiration durch Filmmusik.
Mit der Zeit hat sich das dann für mich so herauskristallisiert, und als ich dann das erste Keyboard unter die Finger bekommen habe, da hat's dann geknallt und ich wußte "Das will ich machen" !

 
 
HousePool:

Du sagst "Fan sein" von verschiedenen Sachen,... von John Carpenter ??

Anthony Rother:

Zum Beispiel, das ist ja auch schon öfter gefallen, aber verschiedene Sachen eben, sehr viel elektronische Musik, die ganzen 80er, Brit-Pop, etc., ich hab da eigentlich alles durchlebt, außer Heavy Metal, das war noch nie mein Fall, aber ansonsten eigentlich alle Richtungen, da habe ich mich nie so festgelegt. Es mußte nur dark sein !!

 
 
HousePool:

Wie bist Du zum Kanzleramt gekommen ??

Anthony Rother:

Ich hab damals in Friedberg in einem Elektroladen gearbeitet, in dem auch der Schwager vom Heiko (Laux - die Red.) arbeitete, und der hat mal so erzählt, das der Heiko eben auch Musik machen würde.
Irgendwann kam Heiko dann auch mal in den Laden und wir haben uns ein bißchen unterhalten. Da dachte ich er wäre irgendwie ein ganz anständiger Junge und ich war halt schon ein bißchen strenger unterwegs und hab mich dann ganz konservativ gegeben und er war total abgespaced, das Gespräch war jedenfalls das reinste Chaos und ich hab nur noch gedacht "Oh Gott was für'n Verrückter" !
Die haben da jedenfalls die Kneipe "Kanzleramt" in Bad Nauheim eröffnet, wo ich dann auch kurz darauf mal hingegangen bin, fand es ganz lustig dort und beim 2. Mal als ich da war hab ich dem Heiko gleich ein Demotape von mir in die Hand gedrückt. Er hat sich das angehört und gleich gesagt "OK, alles klar, komm nächste Woche vorbei, wir produzieren das".

 
 
HousePool:

Wie würdest Du Deine jetzige Musik beschreiben, oder wie kann man "Sex with the Machines" beschreiben ??

Anthony Rother:

"Sex with the Machines" ist mehr so etwas wie eine Metapher, also wenn ich im Studio mit meinen Maschinen alleine bin und mit denen Musik mache, dann werde ich irgendwann eins mit denen, d.h. das ist wie Sex haben mit denen.
Die Maschinen gehorchen mir und ich gehorche den Maschinen.

 
 
HousePool:

Was ist Dir das wichtigste an Deiner Musik ?

Anthony Rother:

Das sie mir gefällt ! Und das sie mich berührt. Ich muß mich in meiner Musik finden wie verlieren können. Das ist mein Ziel. Dieses erreiche ich zwar auch nicht immer, aber ab und zu.

 
 
HousePool:

Bist Du da sehr kritisch im Umgang mit Dir selbst ?

Anthony Rother:

Ja !! Ich bin mein größter Kritiker und auch mein größter Feind.
Ich hab so viele Tracks gemacht, die dann hintenrunter gefallen sind, da hätten sich bestimmt viele Labels die Finger danach geleckt. Aber ich persönlich konnte da nicht so richtig zu stehen, das war in meinen Augen nicht so gut, daß ich gesagt habe "OK, das muss jetzt releast werden".
Da arbeite ich aber wirklich hart an mir, was mich manchmal auch ziemlich behindert, aber letztenendes ist es mir das wert, daß ich dann sagen kann "das ist genau das was ich will"!

 
 
HousePool:

Wie stellst Du Dir Deine Zielgruppe vor, oder wen genau möchtest Du erreichen wenn Du im Studio an einem Track arbeitest ?

Anthony Rother:

Das ist eine schwere Frage, also ich denke mal in erster Linie würde ich gerne ALLE erreichen, ABER zum Glück ist es ja nicht so auf dieser Welt. Jeder hat so seine Vorlieben und das sollte auch so bleiben. Ich denke mal, die Leute die ich erreiche, das sind schon die richtigen Leute.
Ich stell mir da keinen Prototypen vor. Die Leute die es verstehen, für die ist es gemacht !

 
 
HousePool:

Welche Musik außer Techno magst Du noch ??

Anthony Rother:

Das kann ich so nicht beantworten, also das fängt bei der Klassik an und hört bei leichtem, softem Rock auf. Ein Song oder ein Track muss für mich einfach nur gut sein. Wenn etwas gut gemacht ist, dann gefällt es mir auch meistens.
Wobei ich vornehmlich mehr auf melancholische Sachen stehe, so bis düster, dark. Das sind so meine Favourites.

 
 
HousePool:

Wie würdest Du einem Außerirdischen Deine Musik beschreiben ??

Anthony Rother:

Vielleicht ist die Musik ja von Außerirdischen gemacht ?!

 
 
HousePool:

Gibt es außer unter Deinem Namen noch irgendwelche Projekte, die Du in der elektronischen Landschaft betreibst ??

Anthony Rother:

Also ich hab mit dem Heiko das "Sodiac-Projekt" gemacht, in den Anfangstagen dieses "Notsignal", da ist man noch ein bißchen unorientiert durch die Gegend gelaufen, wobei ich nicht sagen würde, daß das jetzt schlechte Platten sind, aber ich glaube heutzutage würde da jeder die Stirn runzeln und sagen "was hat der Rother denn da gemacht, das klingt ja irgendwie grauenvoll, das kann man ja gar nicht nachvollziehen".
Momentan gibt es noch ein neues Projekt, das nennt sich "Little Computer People", das ist die Psi-02, der neue Release, und jetzt arbeite ich gerade an einer LP, aber sonst mach' ich eigentlich alles unter Anthony Rother. Das ist so das Ding unter dem mich die Leute jetzt kennen, und warum sollte ich da groß Geheimnisskrämerei machen. Ich mach sowieso ein paar lustige Sachen, die die Leute vielleicht gar nicht so mitbekommen, also wer mal so richtig in meinen Platten forscht, die ich Release, der kann da immer noch ein paar Geheimnisse entdecken !

 
 
HousePool:

Wo zum Beispiel ??

Anthony Rother:

Ja,... sucht mal !!

 
 
HousePool:

Du hast doch auch zwei eigene Labels, oder ??

Anthony Rother:

Also ich hab "nur" ein Label, das Psi49Net. Das Multicolor-Label hab ich eingestellt, da der DJ Good Groove das auch hatte. Ich hab also im Partysan BaWü mal ein Interview gegeben, das hat er gelesen, und dann hat er mich gleich angerufen und gesagt: "Ach, ich mach auch schon ein Multicolor-Label", da hab mich mir das dann überlegt und gesagt OK, ich will mich jetzt sowieso erstmal auf diese Elektro-Sache konzentrieren, ein zweites Label macht nur mehr Arbeit, da hab' ich überhaupt keine Zeit für. Und jetzt hab ich "nur" noch das Psi49Net, da hängt dafür aber auch mein ganzen Herz dran, also ich will den Leuten nur bestes Material liefern, die müssen sich die Platte im Laden blind mitnehmen können und sich zu Hause darüber freuen einen guten Kauf gemacht zu haben. Da versuch' ich also wirklich die absolute Qualität rauszubringen. Sicher versuch' ich das auch auf den anderen Labels auf denen ich release, aber bei dem Ding ist das eine sehr persönliche Sache.

 
 
HousePool:

Dein erstes Psi49Net Release war ja eine Cover Version der Kraftwerk Nummer "Trans Europe Express". Wie war das eigentlich mit der Lizensierung, gab es da Probleme ??

Anthony Rother:

Da gibt es ja so viele Gerüchte, lassen wir es einfach bei den Gerüchten...

 
 
HousePool:

Wie gehst Du an eine Produktion heran ? Arbeitest Du grundsätzlich alleine oder nimmst Du Dir auch mal einen Co-Produzenten dazu ?

Anthony Rother:

Also Co-Produzent nie ! Meine Co-Produzenten sind meine Maschinen.
Aber jetzt bahnt sich etwas neues an, da ist etwas ganz großes im Entstehen in der Nauheimer Ecke, da arbeiten wir gerade dran und wenn das realisiert werden kann, dann wird das ein absolutes Mega-Brett. Das wird eine Zusammenarbeit mit den Kanzleramt Leuten, da arbeiten wir im Moment noch dran. Ansonsten bin ich eigentlich immer allein, ich bin zu egoistisch und zu sehr auf meinen Sound fixiert um mit irgend jemandem Zusammenarbeiten zu können. Das wäre glaube ich auch nur schrecklich für denjenigen. Meine Maschinen, mit denen kann ich gut kooperieren, aber mit menschlichen Wesen funktioniert das momentan nicht so gut glaube ich.

 
 
HousePool:

Was denkst Du, was Deine Maschinen über Dich sagen würden, wenn Sie sprechen könnten ?

Anthony Rother:

Sie würden mich lieben. Sie würden sagen er liebt uns und wir lieben ihn.
Meine Maschinen haben mich noch nie im Stich gelassen, egal ob das jetzt auf einem Live Act war oder im Studio. Ich hab eine ziemlich persönliche Beziehung zu diesen "Freunden", sie regen mich zwar ab und zu auf, aber wenn's drauf ankam waren sie bis jetzt immer für mich da.

 
 
HousePool:

Welche Deiner Maschinen ist Dir die liebste ?

Anthony Rother:

Mein liebstes Maschinchen ?... Ach, ich liebe sie alle irgendwie, also ich hab da keine Vorliebe. Mal lieb' ich den mehr, mal die, das ist auch immer so ein bißchen tagesabhängig - wie das Wetter.

 
 
HousePool:

Wie läuft ein durchschnittlicher Anthony Rother-Tag ab ?

Anthony Rother:

Verschiedenartig - manchmal stehe ich um 18:00 auf und arbeite bis nachts um 5:00, stehe um 10:00 wieder auf, arbeite wieder,... dann verschiebt sich das irgendwann das ich morgens um 7:00 aufstehe und bis abends um 22:00 arbeite, also immer wieder anders. Ich versuche da zwar momentan eine gewisse Ordnung reinzubekommen, aber dadurch, daß ich meine Internetseiten programmiere hänge ich da halt meistens noch nachts davor. Das fesselt mich dann so, da mach' ich dann noch ein Stündchen und noch eine Zigarette und so wird's dann doch immer später bis ich ins Bett komme.
Zum Musik machen ist am besten so um 3:00 Uhr nachts aufstehen und morgens um ??? ins Bett gehen, denn nachts kommt die meiste Kreativität, wenn sich die Realität gelegt hat und die Menschen schlafen, dann können die Gedanken frei in dieser Welt schwingen.

 
 
HousePool:

Du hast das Internet angesprochen. Wie wichtig ist für Dich das Internet ?

Anthony Rother:

Für mich persönlich ist das Internet sehr, sehr wichtig. Ich finde das hat in den letzten Jahren eine bahnbrechende Entwicklung durchgemacht. Und ich denke auch, daß das die Zukunft ist. Ich kann mir zwar auch vorstellen, daß es die Menschen noch ein bißchen weiter vonneinander wegbringt, aber der Informationsfluß der da herrscht, der ist in meinen Augen einfach so gewaltig, da muß eigentlich jeder dran teilnehmen koennen ! Und auch viel preiswerter !!! Also ich finde das im Moment hier in Deutschland ist die totale Abzocke, was da gerade läuft. Eigentlich müßte ein Internetzugang umsonst gestellt werden von der Regierung, damit jeder an diesem technischen Fortschritt teilhaben kann. Ich denke einfach, daß das ein Ding ist, da dürfen wir nicht vorbeigehen, das muß man ganz krass mitnehmen. Irgendwann werden wir als Menschheit das vielleicht brauchen, wenn wir auf verschiedenen Planeten kolonisiert sind um zu kommunizieren, weil das die einfachste Form sein wird um Sachen zu verschicken, Bilder,... was auch immer!

 
 
HousePool:

Du hast vor kurzem einen Remix für Sven Väth's "Schubdüse" gemacht. Wie läuft das ab? Ruft da der Sven an und fragt einfach, oder ??

Anthony Rother:

Also in dem Fall war es so das es der Sven dem Heiko (Laux - d.Red.) gesagt hat, der Heiko hat dann mir gesagt, daß ich den Sven anrufen soll. Ich hab' mich dann mit dem Sven getroffen, um ihn erst mal persönlich kennenzulernen, was er für ein Mensch ist, wie er drauf ist, sonst kannte ich ihn halt nur aus Presse, Funk und Fernsehen. Jedenfalls hat er sich die Zeit genommen, wir haben uns getroffen und miteinander geredet und dann haben wir das Ding durchgezogen. Er war bei mir im Studio, hat die Vocals eingesungen, wir haben das ganze Ding so ein bißchen zusammen arrangiert und ja... mit dem Ergebnis bin ich super zufrieden, also gerade das Break, wenn die Vocals vom Sven kommen,... aber das sollen die Leute selber hören.

 
 
HousePool:

Welchen Wunsch hast Du für die Zukunft ?

Anthony Rother:

Hmmmm, ja, ... mehr Menschlichkeit ! Auch den Maschinen gegenüber mehr Menschlichkeit.

 
 
HousePool:

Woran arbeitest Du im Moment ? Was wird als nächstes von Dir rauskommen.

Anthony Rother:

Also ich kann nur soviel sagen, daß ich im Moment an einer LP arbeite, an der "Little Computer People" und das wir gerade dabei sind ein Konzept aufzustellen was den "Bad-Nauheim-Plan" angeht, aber da kann ich jetzt nicht mehr verraten, da werden sich die Leute überraschen lassen müssen.
Ansonsten werde ich wahrscheinliche viele Live-Acts jetzt in der nächsten Zeit machen, viel Internet, eine Radioshow mache noch hier in Frankfurt bei Radio X (fm 97,1 stereo/99,85 kabel - d.Red.), da bereite ich mich drauf vor und sammle Platten,... und vielleicht werd' ich auch mal in Urlaub fahren.

 
 
HousePool:

Du sammelst Platten, legst Du auch auf ???

Anthony Rother:

Nein, also in meiner Radioshow werde ich zwar auflegen, aber nicht mixen ! Da hab ich irgendwie überhaupt kein Händchen für, das sollen lieber die machen, die es wirklich beherrschen. Ich konzentriere mich lieber auf's Produzieren. Aber in meiner Radioshow will ich den Leuten schon mal etwas Oldschool-igere Sachen präsentieren, etwas was sie vielleicht noch nicht so kennen.

 
 
HousePool:

Willst Du unseren Lesern noch irgendetwas sagen ?

Anthony Rother:

Macht das was Ihr für richtig haltet, nur böse darf es nicht sein !!!

 
HousePool:

Wir danken für das Interview !


(tbc/cawi)


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